Kreuzzugsgedanke

Kreuzzugsgedanke
Kreuzzugsgedanke
 
Am 27. November 1095 hielt Papst Urban II. im Rahmen einer Synode in Clermont (Auvergne) vor einer großen Menschenmenge eine flammende Rede. Dabei schilderte er in düsteren Farben das Schicksal der Christen im Orient, die von dem islamischen Volk der Seldschuken grausam unterdrückt würden, und rief in leidenschaftlichen Worten Arme und Reiche dazu auf, den Glaubensbrüdern im Osten bewaffnete Hilfe zu leisten und »das gemeine Gezücht« der Ungläubigen aus den von ihnen eroberten Gebieten zu vertreiben. Die Wirkung dieser Ansprache war außergewöhnlich. Unter den Rufen »Gott will es« ließen sich zahlreiche Zuhörer aus bunten Tüchern zusammengeschnittene Stoffkreuze auf die Schultern heften, um auf diese Weise ihre Bereitschaft zu dokumentieren, in der Nachfolge Christi »das Kreuz auf sich zu nehmen« und an dem geplanten Kriegszug gegen die Ungläubigen teilzunehmen.
 
Von Clermont aus sprang die so entstehende Kreuzzugsbewegung - übermittelt von zahlreichen Wanderpredigern und unterstützt durch weitere päpstliche Aufrufe - auf das übrige Frankreich über und erfasste bald den gesamten Okzident, wobei als offizielles Kriegsziel schon früh die Befreiung der heiligen Stätten in Jerusalem in den Vordergrund rückte. Die neu entstandene Massenbewegung konnte dabei an zwei gewichtige Traditionen anknüpfen, den weit verbreiteten Brauch der Jerusalem-Wallfahrt und die aus der Abwehr gegen Sarazenen, Ungarn und Normannen erwachsene Tradition der Bekämpfung der Heiden, die nun beide gedanklich miteinander verbunden wurden, sodass der Kreuzzug von der Idee her als eine bewaffnete Wallfahrt zur Befreiung bzw. Sicherung des Heiligen Grabes in Jerusalem erscheint.
 
Das entsprechende Kriegspotenzial fand die Kirche dabei in der abendländischen Ritterschaft. Eine wichtige Rolle für den Erfolg der Bewegung spielte auch der Lohngedanke, der von der Kirche bewusst eingesetzt wurde, um zur Teilnahme an den Kreuzzügen zu motivieren. Den Kreuzfahrern wurde der Nachlass kirchlicher Bußstrafen, aber auch der Erlass der zeitlichen Sündenstrafen vor Gott (Ablass) als Gegenleistung für die Kreuznahme versprochen. Dazu kam die Aussicht auf reiche Beute und den Erwerb von Grund und Boden, da die Kirche klargestellt hatte, dass das den Heiden entrissene Land von den Kreuzfahrern in Besitz genommen werden sollte. Unter diesen Gesichtspunkten dürfte die Teilnahme am Kreuzzug für so manchen nachgeborenen Sohn einer Ritterfamilie, dem in der Heimat keine großen Zukunftsaussichten winkten, attraktiv gewesen sein.

Universal-Lexikon. 2012.

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